Sicher, man sollte aufpassen mit allzu vorschüssigen Lorbeeren. Dennoch – dieser Martin Sommer könnte es tatsächlich sein. Der legitime Nachfolger eines Reinhard Mey. Das Zeug in die heftig großen Fußstapfen des wohl erfolgreichsten deutschen Liedermachers zu steigen, hat der gebürtige Thüringer Sommer dabei allemal. Um das zu erkennen, reicht schon ein flinker Blick auf die bunte Palette, aus der Martin Sommer seinen äußerst melodiösen Songreigen entwickelt.
Denn, ganz wie bei einem Mey in Hochform, geben sich auf seinem aktuellen Album „Chansons“ locker verliebte Stücke wie „Sieben in der Frühe“ wunderbar prächtig mit sozialkritisch angehauchten Liedern a la „Hahn abdrehen“ die Klinke in die Hand. Sein ironischer und darüber hinaus verdammt wahrer Song „Schatz“ hätte in seiner gesamten Machart gar auf einem frühen Reinhard Mey Album der Siebzigerjahre einen gebührenden Platz finden können. Und dass Martin Sommer mit dem bodenständig hymnischen „Feierabend“ mal eben so einen zumindest kleinen „Gute Nacht, Freunde“ -Nachfolger aus dem Ärmel schüttelt, gerät anhand dieser poetisch präsentierten Vielfalt fast schon zur Fußnotiz.
Dass wir dabei nicht mehr das Jahr 1975 schreiben, sondern längst im neuen Jahrtausend angekommen sind, muss Martin Som-mer jedoch genauso schmerzlich erleben wie andere junge Liedermacher auch: „Es ist schwer an die Menschen heranzukommen. In den Medien, sei es Radio, Fernsehen oder Zeitungen, sind Liedermacher kaum noch vertreten. Für die junge Generation sind Liedermacher dadurch grauhaarige Herren von Vorgestern. Viele Veranstalter scheuen sich, Liedermacher überhaupt noch ins Programm zu nehmen.“
Es braucht also schon eine Menge Elan und Idealismus, um als junger Mensch diesem musikalischen Handwerk so konsequent nachzugehen, wie der erst 27-jährige Sommer es seit inzwischen über zehn Jahren macht. Und vielleicht auch die ständige Ermunterung durch anerkannte Jury- und Publikumspreise der Liedermacherszene. Denn davon hat Martin Sommer, trotz seines jungen Alters, schon eine ganze Reihe abräumen können: unzählige Auszeichnungen bei den Liedermachertreffen in Hoyerswerda und Brandenburg, später dann weitere Preise bei ähnlichen Wettbewerben in Zürich, Stuttgart, Hildesheim, Kiel und Lübeck. Nicht zu vergessen, seine durchaus als „renommiert und werbewirksam“ anzusehenden Auftritte beim 40. Jubiläums-Festival auf der Burg Waldeck oder als Re-präsentant der jungen Garde bei der ZDF-Show „Liedermacher & Co.“.
Gerade diese letztgenannten Auftritte sorgten dafür, dass der Zugriff auf seine Homepage sich mit einein Sprung verzehnfachte – für Sommer ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Menschen durchaus noch ein Bedürfnis nach spärlich instrumentierten Liedermacher-klängen haben: „Es ist erstaunlich wie einfach die Menschen von einer solchen Musik ergriffen wer-den, so sie denn erstmal darauf stoßen. So als hätten sie schon sehr lange warten müssen, solche Lieder ohne Band und große Bühnenshow zu hö-ren zu bekommen. Das gibt Kraft am Ball zu bleiben und dem medialen Schattendasein wenigstens etwas Positives abzugewinnen.“ Einfach so aufhö-ren könnte er jetzt wohl eh nicht mehr, dieser Martin Sommer. Denn dazu hat er noch zu viele unvertonte Melodien im Ohr und dazu Themen, die ihm unter den Nägeln brennen. Ganz zu schweigen davon, dass die zwar langsam, dafür aber stetig wachsende Schar seiner Anhänger ihn eh nicht gehen lassen würde, (dawo)
Melodie & Rhythmus November 2006, S.37